Winterurlaub in Südtirol

April 1980 (Ostermontag)

Für mich begann der Tag wie immer, nur eine Stunde früher, da wir jetzt Sommerzeit haben. Mir ist das ziemlich egal und meinen Eltern kann das nur recht sein, da schlafe ich wenigstens eine Stunde länger.
Heute soll es also in den Urlaub gehen, hat man mir gesagt. Ich weiß zwar noch nicht, was Urlaub ist, aber das wird sich ja raus stellen. Ich stellte nur fest, dass es frühmorgens eine wilde Rennerei gab und ich dauernd über Koffer und Schuhe stolperte. Um 1/2 elf ging es dann endlich los. Ich war schon wieder müde geworden und schlief im Auto gleich ein, leider nur für eine Stunde. Trotzdem verhielt ich mich ruhig, futterte ab und zu ein Osterei und trank meinen Tee. Um Viertel nach drei landeten wir in Rein/Südtirol. Solche hohen Berge hatte ich noch nie gesehen. Kälter war es hier auch. Ich inspizierte gleich unser neues Zimmer, in dem ich für eine Woche wohnen sollte und das Bett. Es machte mir Spaß, das Licht an zu knipsen, in den Schrank zu kriechen und die Schranktüren wie wild auf- und zu zu schlagen. Nach einem kurzen Rundgang durch den Ort gab es endlich etwas zu essen. Ich stopfte rein, als ob ich schon tagelang nichts bekommen hätte. Die Spaghetti schmeckten aber auch zu gut. Ein halbes Schnitzel verdrückte ich danach auch noch. Nun konnte ich zu frischen Taten schreiten. Ich lief nur immer wieder dahin, wo ich nach Meinung meiner Eltern nicht hin sollte, ich wollte absolut ins Freie. Auch musste ich dauernd “Da, da?” fragen, das soll heißen, “Was ist das?” Es war eben alles neu für mich. So kam ich ziemlich spät ins Bett, was mir aber ganz recht war.

Dienstag

Geschlafen bis 8 Uhr (Sommerzeit). So lange zu schlafen ist schon eine ziemliche Leistung für mich, das sollte sich aber noch ändern. Gleich mit Papa Auto gespielt und immer wieder zur Tür raus gerannt, die Treppen reizen mich ungemein. Ich habe schon gelernt, die Treppen rauf und runter zu gehen, wenn es schwierig wird, rutsche ich eben auf dem Hosenboden hinunter.
Gut gefrühstückt, nur die Milch verweigert. Es gibt zu viel zu sehen. Vor allen anderen Dingen hat es ein Spiel mir angetan, es heißt “Vier gewinnt”. Da kann man die kleinen Plättchen so schön rein werfen und es klappert jedes mal dabei. Die anderen Kinder wollen aber auch immer damit spielen, das gefällt mir dann nicht so.
Nach dem Frühstück durfte ich auf Papas Rücken das erste Mal Ski langlaufen. Das machte mir großen Spaß. Es hüpfte immer so schön da hinten drauf. Es kam mir vor wie beim Autofahren, deshalb machte ich eifrig “Brr brr brr brr” dazu. Wir liefen durch den verschneiten Wald, einmal rauf, einmal runter. Runter war es natürlich immer schöner, so schnell. So liefen wir ungefähr 3 Kilometer, dann reichte es mir. Ich futterte nur eine Semmel mit  Schokolade und ging ganz freiwillig um 12 Uhr ins Bett.
Geschlafen bis 3 Uhr, jetzt war ich aber munter und setzte mich auch gleich in die größte Wasserpfütze, die es im Ort gibt. Man kann so schön Steinchen rein werfen. Ich verwechsle das immer mit dem Starnberger See. Meine Eltern sind so auch beschäftigt, sie müssen mich immer wieder umziehen.
Einen Hund namens Waldi gibt es auch hier. Ich mag ihn sehr gerne, nur das Gesicht lasse ich mir von ihm nicht so gerne abschlecken. Dann habe ich noch eine dunkelhäutige Freundin, das ist die Bedienung; sie lacht und schäkert immer so nett mit mir.
Ich durfte noch ein wenig im Schnee danach gab es Abendbrot, aber ich wollte gar nicht essen, lieber spielen und Schuhe rum schleppen. So brachte ich von Boots bis zum Skistiefel Größe 45 alles in das Gastzimmer und hatte meinen Spaß dabei, die anderen Gäste auch.
Um 19.30 Uhr schlafen gegangen - freiwillig! - und geschlafen bis zum anderen Morgen um acht.

Donnerstag

So langsam gewöhne ich mich an meine neue Umgebung. Ich kenne jetzt alle Schubladen und alle Türen und gehe alleine die Treppen rauf und runter. Die Schuhe der anderen Leute trage ich immer noch durch die Gegend und oft setze ich mich auch schon alleine an den Tisch und verlange etwas zu essen.
Wieder mal nicht viel gefrühstückt, die Milch ist mir immer zu “eis, eis” (heiß, heiß), obwohl es kalte Milch gibt. Nun, wahrscheinlich gibt es hier andere Kühe.
Ich renne wieder dauernd nach draußen und lasse meine Eltern nachrennen. Anschließend durfte ich mit nach Sand, das ist ein Nachbarort, wo man einkaufen kann. Im Sportgeschäft machte ich mich auch gleich ans Werk. Ich räumte sämtliche Skier und Schuhe aus den Regalen und ließ sie runter plumpsen. Meine Mama wurde schon wieder nervös. Dann entdeckte ich einen Sturzhelm, den ließ ich mir sogar freiwillig aufsetzen. So was würde mir gefallen! Nachdem ich den Laden so richtig durcheinander gebracht hatte konnten wir wieder gehen und hatten zwei Paar Langlaufschuhe erstanden. Hinterher im Café verdrückte ich einen Krapfen und die Kuchensahne meiner Schwester. Danach gingen wir noch in ein Spielzeuggeschäft, in dem mich natürlich die Autos brennend interessierten. Am liebsten ich alle mitgenommen, aber das geht ja leider nicht. Nach dieser Anstrengung schlief ich dann meine zwei Stunden und durfte nachmittags noch mal auf Papas Rücken Autofahren, d.h. Ski langlaufen. Macht mir immer mehr Spaß.
Hinterher bestieg ich sämtliche Motorroller, die hier überall herumstehen. Das sind vielleicht tolle Dinger. Ich bin gar nicht mehr davon weg zu kriegen. Nur mit Widerwillen ließ ich mich zu Waldi locken und wollte doch wahrhaftig die gekochten Kartoffeln aus Waldi’s Schüssel verzehren. Ja, ich kann doch nicht wissen, dass das nicht mir gehört. Um 1/2 neun endlich eingeschlafen.